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wenn Kevin mal nicht alleine zu Hause ist – (Part 2): das Türschloss

oder: ein Schloss ist keine Burg – jeder kommt rein..

Eines vorneweg lieber Leser und besonders Leserin: wenn Du zu Paranoia neigst und in Zukunft weiter ruhig schlafen willst, solltest Du das hier nicht lesen. Soweit also die nötige Warnung um mich davor zu schützen, dass Scharenweise in Tränen aufgelöste Mädels mit der Ausrede, sich zu Hause nicht sicher zu fühlen, bei mir schlafen wollen.

Vor einigen Monaten hatte ich euch HIER im ersten Teil zum Thema Einbruchssicherheit eine kleine Einführung gegeben. Nun ist es an der Zeit die einzelnen Angriffspunkte einer Eingangstür im Detail zu checken.

Dazu fangen wir heute mit dem uns bekanntestem und täglich benutztem Sicherungsmechanismus – dem Türschloss (oder genauer gesagt Schließzylinder und Einsteckschloss) – an.  Wollen wir eine Tür öffnen, dann drücken wir die Klinke und ziehen oder drücken die Tür – je nach Öffnungsrichtung – um hindurchzugehen. Dies haben wir schon von klein auf gelernt (selbst Hunde und Katzen können das mit ein bisschen Übung), und wir denken gar nicht groß darüber nach, welche Techniken sich dahinter verbergen – Zeit Sie sich mal näher zu betrachten, um das komplexe Zusammenspiel von Türöffnungsmechanismen – und deren Sicherungskonzepte – zu verstehen.Türbeschlag

Die einfachste Sicherung einer Tür gegen unbeabsichtigtes öffnen ist “die Falle”.  Das ist dieser abgeschrägte Metallriegel, der auf der schmalen Seite des Türblattes herausragt und beim zuziehen der Tür in den entsprechenden Löchern der Türzarge einrastet. Er ist abgeschrägt, damit  man nicht nur mittels Klinkenbetätigung den Riegel einrasten lassen kann, sondern die Tür auch einrastet, wenn Sie durch äußere Einwirkungen (zum Beispiel Zugluft) “ins Schloss fällt”.   Dies ist auch so gewollt, da schlagende Türen ein erhebliches Gefahrenpotential haben. Die Falle ist ein Zuhaltemechanismus, der  nicht speziell gesichert ist. Ist eine Klinke vorhanden, dann kann Sie jederzeit wieder in das Türblatt eingezogen werden.

Eine “echte” Verriegelung ist unterhalb der Falle angebracht: der Riegel. Er lässt sich nicht durch die Klinke ver- und entriegeln, sondern durch drehen des Schließzylinders mittels passendem Schlüssel. An einer Wohnungstür hat man also 2 Metallriegel, die in das Schließblech, welches in der Türzarge eingelassen ist, greifen.schliessblech

Hier ist dann der erste Schwachpunkt: der beste Riegel nützt nichts, wenn das Schliessblech schlampig montiert ist – womöglich noch in einer Holzzarge. Ein beherzter Tritt oder ein Stemmeisen und Schließblech und Teile der Zarge fliegen durch die Gegend und die Eingangstür ist offen, weil die Riegel nichts mehr haben in das Sie greifen können.

Am sichersten sind aus einem Stück gefertigte Metallzargen die das Schließblech quasi schon eingebaut haben.

Doch der stabilste Riegel nützt nichts, wenn der Schließzylinder nichts taugt.  Leider ist dieser als Angriffspunkt für einen Einbrecher am einfachsten erreichbar – schließlich müssen auch wir Ihn ja benutzen um in unsere abgeschlossene Wohnung zu gelangen. Deshalb soll er bequem zu erreichen sein. Das ist er aber eben leider auch für Einbrecher.

Doch bevor wir zu dem feinmechanischen Wunderwerk Schließzylinder kommen noch ein kurzes Wort zu einem anderen Teil, welches für die Sicherheit der Tür und des Schließzylinders immens wichtig ist: dem Türbeschlag. Türbeschlag 2

Der Türbeschlag ist sowohl Sicherung für den Schließzylinder, als auch Halterung und Abdeckung für das Einsteckschloss. Er besteht aus 2 Teilen, die mittels Schrauben miteinander verbunden werden – wobei die Schrauben bei Außentüren (bei denen in der Regel auch keine Klinke sondern nur ein Knauf vorhanden ist) auf der Außen – oder Angriffsseite nicht sichtbar sind.

Hier sollte auch beim Kauf darauf geachtet werden, dass der Beschlag aus Edelstahl ist und eine gewisse Dicke aufweist, damit er nicht durch aufhebeln gebrochen werden kann. Wichtig ist auch, dass er plan auf dem Türblatt aufliegt und fest verschraubt ist, damit kein Angreifer durch unterhebeln die Befestigungsschrauben brechen kann.

Ein Kernbohrschutz für den Schließzylinder ist sinnvoll. Wichtig ist auch, dass der Schließzylinder auf KEINEN FALL aus dem Beschlag herausragt. Das brechen des Schließzylinders ist eine der einfachsten Übungen für einen Angreifer. Ist der Schließzylinder “gezogen” ist es nur noch ein Kinderspiel mit einem “Dietrich” oder Bauschlüssel sowohl Riegel als auch Falle  in die Öffnungsstellung zu bewegen. Deshalb sollte man auf die korrekte Länge der Schließzylinder achten. Diese sind nämlich unterschiedlich jeweils von 35 –70 mm ab Befestigungsbohrung – wobei alle Maße kombinierbar sind, zum Beispiel 40-55, was bedeutet dass das Zylinderschloss auf der einen Seite 40 mm und auf der anderen 55 Millimeter lang ist. Es ist also möglich den Zylinder absolut bündig zu bestellen.


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Schließzylinder sind kleine Wunderwerke der Feinmechanik und immer öfter kommt auch eine elektronische Komponente zum Einsatz, bei dem Schlüssel und Zylinder miteinander kommunizieren. Auch die Schlüsselform hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Der klassische “Bart”-Schlüssel mit seinen Zacken (auch als Hosentaschenzerstörer bekannt) hat praktisch ausgedient, oder kommt nur noch bei billigen Schlössern zum Einsatz. Dafür werden Wendeschlüssel mit Vertiefungen eingesetzt.Zylinderschloss

Solche Schließzylinder werden häufig als Nonplusultra angeboten und kosten dementsprechend. Doch leider ist jedes Schloss (genauer Schließzylinder) “knackbar”. Das liegt daran, dass ein Schließzylinder genormt ist und deshalb sowohl Form als auch Befestigungsvorgaben hat um es einsetzen zu können. Beim Schloss “knacken” wird der Zylinder buchstäblich geknackt und zwar an der schwächsten Stelle. Dort, wo die Aussparung der Mitnehmerzunge und das Bohrloch für die Befestigungsschraube ist, ist der Schließzylinder am anfälligsten. Deshalb muss der Zylinder bündig mit dem Beschlag sein und darf nicht überstehen. Kann man ihn mit einer Zange packen, dann kann man ihn  durch plötzliches starkes verkanten abbrechen und den Schließzylinder entfernen.

Ähnlich funktioniert das “ziehen” des Zylinders. Mittel einer besonderen Schraube, welche in den Schließzylinder fest eingeschraubt  wird, und einer sogenannten “Glocke”, wird die mit dem Zylinder verbundene Schraube heraus”gezogen”. Dadurch wird der Schließzylinder überbeansprucht und zerbricht.Zylinderschloss aufbohren

Ebenfalls im Repertoire der Angreifer ist das “aufbohren”. Hier wird mittels Bohrmaschine im unteren Bereich des Zylinders gebohrt. Zweck der Übung ist das zerstören der Federn, welche die Sicherungsbolzen nach oben drücken. Sind die Federn zerstört, springen die Sperrbolzen nicht zurück. Nun können mittels eines Pickwerkzeugs die kleinen Bolzen weggedrückt werden und der Zylinderkern lässt sich drehen.KESO Schloss

Einige Schlosshersteller wie die Schweizer Firma “KESO” haben spezielle Schlösser entwickelt, welche die Stifte nicht mehr im unteren Bereich des Zylindergehäuses haben, sondern abgewinkelt angeordnet um den Zylinderkern.  Doch im Internet gibt es Videos, die zeigen, dass auch dieses Schloss in wenigen Minuten aufgebohrt ist.

Bei dieser Vielzahl von Angriffsmöglichkeiten kann einem schon mal der Schlaf vergehen, gelle?

Und wir sind noch nicht am Ende, denn bisher habt Ihr nur die gewalttätigen Methoden kennengelernt, welche ein zerstören des Schließzylinders verursachen und auch eine gewisse Geräuschkulisse produzieren.

Es gibt aber eine Methode, welche den Zylinder nicht beschädigt, relativ geräuscharm ist und ebenfalls sehr schnell geht. Die Rede ist vom Lockpicking.

Das hat bestimmt jeder schon mal in einem Agentenfilm gesehen. Der Spion steht vor einer verschlossenen Tür, holt eine kleine Schatulle aus seiner Smoking-Jacke, zieht einen Metallstift (Frauen greifen einfach zu einer Haarnadel) hervor, steckt den in das widerspenstige Schloss, stochert ein bisschen und in spätestens 5 Sekunden ist die Tür auf (Zelluloid kostet ja auch Geld – und man will ja nicht den Spannungsbogen abreißen lassen).


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Was im Kino nur Sekunden dauert, dauert in der Realität leider auch im schlimmsten Fall nicht viel länger. Der Trick ist den Kernzylinder etwas unter Spannung zu halten und dann mittels einführen eines Metallstreifens, bzw. Draht, in den Schlüsselkanal, die Kernstifte  in die Öffnungsposition zu drücken. War dies früher noch Handarbeit, so kann es nun auch der dümmste Bauer, denn es gibt spezielle Vibrationsgeräte, die das vorgespannte Schloss so in Schwingungen versetzt, dass die Stifte über kurz oder lang in der richtigen Position zum öffnen sind. Dieses Verfahren funktioniert auf einem Youtube Video sogar mit einer umgebauten elektrischen Zahnbürste. Die Öffnung dauert grade mal 30 Sekunden.

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Ähnlich funktioniert das öffnen des Schlosses mittels Schlagschlüssel. Hier wird ein Schlüsselrohling in den Schlüsselkanal eingeführt und durch vorsichtiges schlagen auf den Schlüssel wird auch hier die Mechanik in Schwingbewegungen versetzt, die irgendwann die Kernstifte in Öffnungsposition bringt und sich der Zylinderkern drehen lässt.

Was zeigt uns das? Zuerst mal: JEDES Schloss ist “knackbar”.  Wir können es dem Angreifer aber so schwer wie möglich machen – jede zusätzliche verronnene Minute, die er an einer Wohnungstür manipuliert und Geräusche verursacht, steigert die Gefahr einer Entdeckung.  In einem Mehrfamilienhaus kann ein bekannt schwer zu öffnendes Schloss dazu führen, dass lieber eine andere Wohnungstür mit einem Standardschloss als Ziel gewählt wird.

Du kannst immer noch gut schlafen? Schreckst nicht beim leisesten Kratzgeräusch an der Wohnungstür hoch – wobei sich rausstellt, dass es der hungrige Kater von gegenüber war?

Dann brauchst Du den nächsten Teil nicht lesen – denn dort erfahrt Ihr wie man eine Tür Einbruchsicher macht. Für alle Anderen gilt: stay tuned..

Und wenn Du den vorigen Teil nicht gelesen hast. Den findest Du HIER

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Doktor Nerd

Peter, auch bekannt als DOKTOR NERD, hat schon mal das Attribut "bester Allround-Blogger" von einer bekannten Bloggerin verliehen bekommen - Inoffiziell versteht sich. Er war früher in sozialen Netzwerken aktiv - bis er feststellte, dass die sozialen Netzwerke ohne Ihn besser dran sind (und umgekehrt!). Hier schreibt er über alle Themen, die grade aktuell sind (und dabei ist ihm kein Eisen zu heiss..)

4 Kommentare

  1. Moin. Jetzt weiß ich, wie man ein Schloss knackt. Danke für die Anleitung 😉
    Die Sache hat jedoch auch eine zweite Seite: Desto „sicherer“ ich meine Tür vermeintlich mache, desto höher ist bei einem Einbruch, bzw. bei einem Versuch, der Schaden. Dann sollte man auch entsprechend versichert sein. Und das sicherste Schloss nützt nichts bei einer „Sperrholztür“, aber ich denke, da kommst du noch zu ….

    1. Hallo Sven,

      danke für deinen Kommentar. Es gibt bei besonders sicher erscheinenden Türen 2 Meinungen – die einen sagen (da denkt der Dieb: wer sich so absichert, der hat wertvolles Zeug in der Bude, da geht der zuerst rein) – die anderen sagen (wenn in einem Mietshaus 6 oder mehr Parteien wohnen, dann öffne ich doch die Tür, wo am wenigsten die Gefahr besteht erwischt zu werden und lässt die Finger von schwer zu knackenden Türen). Ich könnte mir vorstellen, dass bei freistehenden Bungalows mit eigenem Grundstück wieder Punkt 1 zum Ansatz kommt. Das mit den Türen ist in Mietshäusern ja so eine Sache. Man kann ja nicht einfach eine Stahltür einbauen. Kann man schon – aber dann muss man auch die passende Zarge haben und die ist – bei uns wenigstens – eingemauert. Und mit der Sperrholztür – da hast Du Recht – Panzerriegel helfen. Was die versicherung angeht – ich bin da nicht ganz sicher wegen der Kostenübernahme bei Einbruchsspuren. Ich glaube aber es ist günstiger eine beschädigte Tür zu haben – die den Einbrecher aufgehalten hat, als eine intakte Wohnungstür und eine verwüstete Wohnung. Die Hausratversicherung zahlt ja nur Zeitwert.

      Beste Grüße

  2. Sehr schön illustriert. Toller Artikel. Irgendwie ist deine Seite auch schneller geworden. Wir haben in Soltau ja höchsten eine 3000er Leitung. Meistens ist sie aber langsamer 😉

    1. Hi Michael!
      Schön dass Du mal wieder da bist.
      Die Webseite von deinem Kumpel kenn ich. Ich bin heute beim recherchieren auch dort gelandet.. 😉
      Stimmt ist sehr umfangreich zu dem Thema – ich habe da einiges verwenden können.
      Ein paar Sachen beim Schloss habe ich noch vergessen bezüglich der Möglichkeit Schlösser gleichschließend (d.h. ich kann mit einem Schlüssel bestimmte Schlösser öffnen) anfertigen zu lassen. Dies ist nicht unbedingt ein Sicherheitsrisiko, denn bei allen Öffnungsarten muss ja neu gepickt werden, aber ich hab’s erst hinterher gemerkt und wollte jetzt nicht noch mehr reinschreiben.
      Zum Seitentempo : Jo, kann stimmen. Habe lt. Piwik da Generierungszeiten von 0,3 bis 0,87 Sekunden – bei einigen langsamen aber auch etwas unter 2 Sekunden.

Geistesblitz da lassen..

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