Dank der vom Geld-Automaten der Bank erhaltenen nagelneuen 20.000 Forint-Banknote (umgerechnet so knapp 50,00 €) klappte der Einkauf im Supermarkt perfekt. Ich musste mit der Kassiererin kein Wort ungarisch sprechen: An der Kasse zeigte ich auf das Bündel Einkaufstaschen aus Plasik, welches hinter ihr hing. Sie verstand den Fingerzeig und legte eine Tasche dazu auf das Förderband und zog die, sowie alle anderen Artikel über den Scanner. Die Dame hinter der Kasse zeigte auf das Display, ich gab Ihr den Schein und bekam jede Menge kleinerer Scheine und einige Münzen zurück. Beim Blick auf die kleineren Münzwerte, die nicht mal den Bruchteil vom Wert eines Euro-Cents hatten, dachte ich mir, dass wahrscheinlich der Metallwert bei den kleineren Münzen höher als der aufgeprägte Forint-Wert ist.
Der Einkauf unterschied sich in nichts von dem, wie man ihn auch zu Hause gewohnt ist. Verhungern musste ich also schon mal nicht.
Ich brachte den Einkauf in mein Apartment zurück – dank des nun in meinem Besitz befindlichem Schlüssel kam ich ja nun auch problemlos ins Haus und in mein Apartment.
Die Nutzung des digitalen Zugangskontrollsystems erschein mir dann doch etwas zu spooky..
Diese 50 € reichten für die kompletten 4 Tage als Taschengeld – ich hatte sogar noch 1.500 Forint in Banknoten im Portemonaie, als ich in Düsseldorf landete.
ein Bummel durch die City..
Nachdem ich alles verderbliche an Lebensmitteln in den Kühlschrank verfrachtet hatte, dachte ich mir eine kleine Runde durch’s Städtchen wäre doch ganz schön. Da die Sonne schon Morgens ziemlich übel drauf war und mit Temperaturen um über 25° (Tendenz steigend) die Luft erhitzte, war leichte Bekleidung angesagt. Bequeme Sneaker, eine leichte Jeans, T-Shirt, Bandana, coole Ray-Ban Sonnenbrille – fertig war das „Ungarn, ich komme!“- Outfit. Oder „alter Mann macht auf Jung“ – entscheide selber – ich werde dich deshalb nicht mehr hassen als sonst. Kurzer Kontrollblick in den Spiegel – Jepp, das ging so. Also raus auf die Straße..
Der Vorteil an meinem Apartment war ganz sicher, dass es nur wenige 100 Meter bis zum Zentrum der Stadt waren.
Und da ich die Strecke nun schon ein paarmal gegangen war. machte ich mich direkt auf in ein Cafe, um dort einen leckeren Cappucino zu schlürfen und mir die vorbeigehenden Touristen und hier lebenden Ungarn anzuschauen.
Von meinem Apartment führte eine schmale Gasse direkt bei meinem alten Freund Torsten vorbei, und dann weiter durch zwei, drei weitere schmale Straßen zum Stadtzentrum hoch, welches buchstäblich tatsächlich höher liegt.
Überhaupt ist Pecs ziemlich „bergig“, wenn ich mal den Begriff benutzen darf. Ständig gibt es entweder leichte Anstiege oder man geht eine leicht abschüssige Straße hinunter.
Es ist zwar keine Kraxeltour durch’s Gebirge, aber man merkt die leichten Anstiege schon in den Beinen.
Die Häuser in der Innenstadt sind wunderhübsch und teilweise aus der KuK-Zeit. Viele sind sehr schön restauriert, anderen sieht man leider an, dass dort etliche Jahrzehnte niemand Arbeit, Material und natürlich auch viel Geld hineingesteckt hat, um die Bausubstanz zu erhalten.
Durch die Aufnahme in die EU sprudelte dann der Euro in die Staatskasse – und auch wenn vieles davon versickerte – es blieb doch genug, um den Ungarn ein besseres Leben zu ermöglichen.
ein paar nachdenkliche Worte zur Wirtschaft..
Mein Freund erzählte mir, dass noch bis vor einigen Jahren, viele jungen Menschen aus Ungarn in andere Länder ausgewandert sind, weil es im eigenen Land keine Perspektive zum Arbeiten und auch keine Zukunft gab.
Das ist nun besser geworden, aber ein Sozial-System, wie es in Deutschland gibt, ist in Ungarn unbekannt. Falls in Ungarn jemand seinen Job verliert, dann bekommt er 3 Monate lang Arbeitslosengeld – danach muss er zusehen, wie er klarkommt. Eine Sozialhilfe wird nur in Höhe von 43.000 Forint (ca. 100 €) gezahlt. Es gibt eine Art erhöhte Sozialhilfe, wenn man sich für Arbeit bei den Kommunen zur Verfügung stellt, bzw. dorthin beordert wird. Dann verdoppelt sich die Sozialhilfe – reicht aber trotzdem hinten und vorne nicht. Unter dem Präsidenten Orban sind die Sozialleistungen massiv beschnitten worden.
Auch Abfindungen von Arbeitgebern bei langjähriger Betriebszugehörigkeit sind unüblich. Für Firmen ist das Land also das reinste Paradies, weil sie das beliebte amerikanische „Hire ’n Fire“ (einstellen und rausschmeißen) spielen können.
Auch wenn es wirtschaftlich besser geworden ist und Ungarn sowohl durch den Ausbau des Budapester Flughafens zum größten Frachtflughafen Europas, sowie durch einen gekauften Hafen und dem Ausbau der Seidenstraße über den Landweg – um Ware aus China nach Europa zu transportieren – immer wichtiger wird, weil der Transport darüber wesentlich schneller als über den Seeweg funktioniert, ist der Wohlstand noch nicht überall angekommen.
Was leider angekommen ist, sind die reichen Ausländer (auch viele aus Deutschland), die dort billig Häuser gekauft haben und immer noch kaufen und damit spekulieren. Eine verzehnfachung des Preises der Immobilie innerhalb weniger Jahre – davon kann man nur in Paris und London träumen. Doch dort ist eine Immobilie kaum zu kaufen – und wenn, dann ist Sie unbezahlbar. In Ungarn bekommt man vielerorts Häuser und Grundstücke quasi nachgeworfen.
Dieses wegkaufen von Eigentum führt dazu, dass die Preise langsam auf das Niveau wie in Deutschland steigen. Das durchschnittliche Einkommen der Ungarn ist jedoch wesentlich niedriger, als das eines Westdeutschen. Im Schnitt ein Verdienst 900 € – das ist fast auf dem Niveau eines Hartz IV-Beziehers.
Die Löhne in Ungarn steigen zwar langsam – aber dort ist auch eine Inflationsrate von 15% (Quelle: Statista). Dazu kommt, dass dadurch andere, noch östlicher gelegene Länder attraktiver werden, wenn es um billige Arbeitskräfte geht, denn dort ist das Lohn-Niveau im Vergleich noch niedriger.
Es ist also nicht alles Gold was glänzt. Ich wollte das nur mal erwähnen..
die Pecser Tage..
Ich war nicht ohne Grund zu genau diesem Zeitpunkt – also vom 20.9.2023 bis zum 24.9.2023 – in Pecs, denn genau dann sind die Pecser Tage.
Dann wird auf dem Platz vor der großen Moschee (die aber nun als katholische Kirche genutzt wird) eine große Bühne aufgebaut, die ganze Straße hinunter stehen Marktstände und man kann Spezialitäten aus der Gegend kaufen.
Von Morgens bis zum Mittag ist da noch nicht viel los, denn es ist nicht so viel Publikumsverkehr. Die Ungarn arbeiten während der Zeit und für die paar bummelnden Touristen lohnt es sich nicht die Stände zu öffnen.
Nachmittags füllt es sich aber zusehends und Abends ist es dann voll auf dem Platz und in den vielen Kneipen, Cafes und Lokalen.
Durch die zahlreichen engen Gassen machte ich mir erst mal ein Bild von der Innenstadt. Die verwinkelten engen Straßen sind mit Innenstädten in Deutschland nicht zu vergleichen. Aufgrund der schmalen Fahrbahnen sind es meistens Einbahnstraßen. Die Gehwege sind zwar brüchig aber sauberer als in Deutschland. Hundekot oder achtlos weggeworfenen Verpackungsmüll sieht man dort nicht auf den Bürgersteigen rumliegen.
Auch was das miteinander im Straßenverkehr angeht, ist man viel entspannter als in Deutschland. Aufgrund der Verkehrs-Situation ist man häufig gezwungen auf der Straße stehenzubleiben um auszuladen. In Deutschland würde der dahinter stehende Fahrer direkt ein Hup-Konzert veranstalten um das Verkehrshindernis aus den Weg zu bomben. Hier ist man gechillter und wartet eben solange.
Die, die sich nicht an die hier üblichen Benimm-Regeln halten, sind dann meistens am Wochenende die jungen deutschen Medizin-Studenten aus „gutem Haus“, die mit ihren von Papa gesponsorten Porsche und Mercedes durch die Stadt cruisen, obwohl alles wesentlich einfacher zu Fuß zu erreichen ist. Die erkennt man auch sofort an dem deutschen Nummernschild.
Was das angeht, ist Pecs fest in deutscher Hand. Als Torsten vor etwas über 20 Jahren dort seinen Doktor in Bauphysik machte, waren grade mal 15 deutsche Studenten am Campus: er als Architekt und 14 Medizin-Studenten. Da war es nötig mit den ungarischen Studenten auf Tuchfühlung zu gehen, sich auszutauschen und auch in das Leben der Ungarn einzutauchen. Man wurde in die kleinen urigen Studentenkneipen mitgenommen, die machmal eher wie Omas Wohnzimmer aussahen und jedes Möbelstück anders war, weil die ganze Einrichtung zusammen gesammelt war.
Mittlerweile sind über 3.000 deutsche Studenten am Campus, die nun unter sich bleiben und in stylischen Kneipen abhängen (die es aufgrund des zahlungskräftigen Publikums natürlich nun auch gibt), die auch in jeder deutschen Großstadt stehen könnten. Grade das ist eigentlich schade.
Torsten kannte glücklicherweise die Pinten, in denen die ungarischen Studenten verkehren und viele der damaligen ungarischen Mit-Kommilitonen verkehren dort auch noch. Das war wesentlich interessanter als in den In-Kneipen die sich auf zahlungskräftige deutsche Studenten spezialisiert hatten.
In der Nähe der City setzte ich mich in ein Cafe, das an einer Straßenecke war, beobachtete dort die vorbei gehenden Passanten und riet, ob es sich um Einheimische oder Studenten handeln würde.
Natürlich war das eher hypothetisch und eine Auflösung gab es auch nicht – ich konnte ja schlecht zu denen hingehen und Sie fragen.
Das sitzen im Cafe ist entspannend. Entschleunigend ist ohne Zweifel, dass es nicht so ein Gedränge auf der Straße gibt wie ich es in Dortmund in der City gewohnt bin. Diese Fußgängermaßen, die einen fast tot trampeln wenn die sich über die Haupteinkaufsstraße schieben gibt es Gott sei Dank hier nicht – und das obwohl eines der größten Feste in der Stadt stattfindet.
Der Kaffee im Cafe war lecker und die Tasse stand leer vor mir. (Übrigens: eine Tasse Kaffee im Straßen-Cafe kostet 750 Forint. Das sind umgerechnet nicht mal 2 €.) Was nun? Weiter die Leute beobachten oder etwas die Stadt erkunden? Ich entschied mich für letzteres.
Torsten hatte mir gestern Abend ein paar Ecken der Stadt gezeigt, die ich nun im hellen besuchen wollte. Da die City relativ klein ist, ist das Risiko dort zu verlaufen eher gering. Ich wollte mir mal den Dom anschauen.
Dazu musste ich wieder etwas bergauf gehen, denn der Dom liegt etwas höher.
Das Pecser Lichtfest – eine Reise wert.
Zum Thema Dom: der ist selbst für Leute, die mit der Kirche nichts im Sinn haben auf jeden Fall eine Reise wert, wenn das einzige ungarische Lichtfestival in Pecs abgehalten wird. Das findet im Hochsommer im Juli statt. Mir war es aber zu heiß, denn dort ist es zu der Zeit noch heißer gewesen als bei uns. Torsten hatte mir auch eher abgeraten – selbst ihm war der diesjährige Sommer etwas zu mollig.
Trotzdem habe ich ein Video mit Impressionen mal unten eingefügt, damit Ihr euch ein Bild von dem tollen Farbenspiel in der City machen könnt:
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Die Kathedrale dient dann als Leinwand für die besten Lichtkünstler der Welt und es ist beeindruckend, was an Lichtefffekten auf das Mauerwerk geworfen wird – natürlich mit passender Musik untermalt.
In diesem Jahr hat ein Deutscher mit dieser Performance gewonnen:
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Aber auch tagsüber ist dieser Brocken einen Besuch wert. Ich war nicht drinnen – mit Kirche habe ich soweit nichts am Hut und zu dem Zeitpunkt war mir auch noch nicht bewusst, dass ich mal einen Reisebericht schreiben würde – aber die Größe ist schon beeindruckend.
Zum Dom, bzw. der Kathedrale gehört noch ein großes Gebäude. Es ist der Dienst – und Verwaltungsitz des dortigen Bischofs.
Übersetzt heißt Pecs „Fünfkirchen“ und in der Tat hat die kleine Stadt neben der mächtigen Kathedrale und der großen Moschee im Stadtzentrum auch noch eine große jüdische Synagoge.
Auch die ist etwas älter aber restauriert und kann besichtigt werden. Das habe ich ebenfalls versäumt – werde es aber dann beim nächsten Mal nachholen.
Wo die anderen beiden Kirchen sind? Tja, da der Name schon uralt ist, hatte Pecs vielleicht früher im Stadtgebiet 5 Kirchen. Ich vermute das jetzt mal als Schnellschuss..
Nach dem Bummel durch die Stadt ging ich zurück in mein Apartment und zog mich für Abends um. Wir hatten noch ein Treffen mit einem anderen Freund, der mich mal persönlich kennen lernen wollte.
Vor einiger Zeit hatte ich die Webseite Machinebox Consulting für die beiden erstellt. Johnny wollte mich nun auch unbedingt mal persönlich kennen lernen, denn während der Arbeit an der Webseite lief natürlich jede persönliche Kommunikation nur über Video-Chat in Teams oder whatsapp.
Abends gingen wir also wieder in den Biergarten, den wir bereits einen Abend vorher aufgesucht hatten.
Johnny war schon da und nach ein paar unterhaltsamen Stunden wurde es auch schon wieder Zeit den Heimweg ins Apartment anzutreten. Dieser Tag war ganz gut ausgefüllt und der morgige sollte ebenfalls ein paar interessante Punkte beinhalten.
Torsten wollte mit mir auf den Fernsehturm und mir die Gegend um Pecs herum zeigen und ich sollte eine tolle Sache kennen lernen, die es so wohl auch nur in Ungarn gibt. Doch das erzähle ich euch im nächsten Teil..
Wie gefällt euch der Reisebericht bisher? Ist er zu umfangreich? Sollte ich mich nur auf das wesentliche Beschränken?
Wenn ihr die ersten beiden Teile lesen wollt, dann klickt hier für Teil 1 und hier für Teil 2.