..oder: endlich mal eine richtige Wetter-Katastrohe in Deutschland!
Gestern wollte mich meine Mutter besuchen. Ich rief Sie so gegen halb Elf an, um nachzufragen, ob es dabei bleibt, weil ich dann noch etwas zu Mittag eingekauft hätte.
Aber meine Mutter cancelte den Termin. Sie hatte nämlich Angst! In den Nachrichten hätten Sie wohl gesagt, das Wetter würde sich extrem verschlechtern, bis hin zum Schneesturm, ja sogar Tornadostärke, und 40 Zentimeter Schneefall. Ja, es wäre auch viel zu kalt für diese Jahreszeit.
KLASSE!! Dachte ich mir. Nicht weil meine Mutter nicht kam, sondern weil hier nach der Bundestags-Wahl in diesem Land endlich mal was passiert! Ab sofort ist nicht mehr mein Liebesleben die größte Katastrophe in diesem Land, sondern wir kriegen endlich eine, die auch noch 2 bis 3 anderen Menschen den Tag versaut.. Ha!!
Vor dem bisschen Wetter habe ich doch keine Angst! Das wäre ja noch schöner!
Ich gehe sogar noch weiter! Ich habe nicht nur keine Angst, sondern als bekennender Adrenalin-Junkie freue ich mich sogar drauf, dass mal was passiert! Leider lief in letzter Zeit nicht so viel antörnendes. Klar, wenn man mal wieder seine LAG abschießt, das pumpt dann schon mal ein bisserl Adrenalin in die Venen. Allerdings mehr bei Ihr. Zugegebenermaßen wirkt sich das dann auch schon mal körperlich auf mich aus. Meistens in Form von Kratzwunden, Biss-Spuren und blauen Flecken. Aber solche Verletzungen bekommt man auch, wenn man seine LAG zum Winterschlussverkauf begleitet, und sich dort 30 Frauen um das letzte paar pinkfarbene Pömps prügeln. Das ist dann aber mehr ein Arbeitsunfall…
Deshalb war ich vor Aufregung wegen dem Chaos, was da auf uns zukommt ganz zittrig!Bekommen wir jetzt doch endlich auch mal eine echte Katastrophe.
Und das sogar völlig kostenlos! Mein Problem als Adrenalin-Junkie: Dieses Land ist Klima-Katastrophen-Entwicklungsland! Da muss man schon andere Länder bereisen, wenn es mal richtig krachen soll! Aber als Hartz-IV-Empfänger hat man ja immer so seine Probleme, bei seinem Fallmanager die Reisekosten durchzudrücken, und mal schnell eine Reise zu einem bald ausbrechendem Vulkan, eine Kreuzfahrt zu einer nur 20 Zentimeter über dem Meeresspiegel liegenden Insel, in Erwartung des nächsten Tsunamis zu machen. Irgendwann nimmt der dir auch nicht mehr die Ausrede für ein Vorstellungsgespräch für eine Dixi-Land-Kapelle in New Orleans ab!
Na gut, ein örtliches Altersheim zu besuchen, wenn es an dem Tag Kohlsuppe gibt, kann für einen Anfänger in Sachen Gefahrensuche, Klima-Katastrophen und gefährlichen Winden ausreichend sein, aber ich als Profi will natürlich das volle Programm. Da lasse ich mich doch nicht auf pieseliges Anfänger-Niveau herab, und kämpfe gegen müffelnde Darmwinde, sondern ich will meine Kräfte mit Sandstürmen von der Größe eines ausgewachsenen Schirokkos, oder gewaltigen Schneestürmen auf Blizzard-Level messen!
Doch endlich hat die Natur auch ein einsehen mit diesem Land. Endlich müssen wir nicht mehr hunderte oder gar tausende Kilometer zu anderen Ländern anreisen, um den Kick eines verrückt gewordenen Wetters zu genießen, sondern wir haben in diesem Land die Möglichkeit auf eine richtige Wetter-Katastrophe.
Eifersüchtig haben wir immer zu Amerika mit seinen gigantischen Tornados rüber geschielt, gegen die sich unsere deutsche „Windhose“ (Allein schon der Name klingt doch schon voll albern!), ungefähr verhält wie ein Kapuzineräffchen zu King-Kong! Da ist es ja gefährlicher sich unter das Lüftungsgitter einer schlecht eingestellten Klimaanlage zu stellen!
Überschwemmungen, Erdbeben oder gar Tsunamis? Na gut, wenn man in der Kölner Altstadt wohnt, kommt einmal im Jahr der Rhein vorbei. Aber sowas ist doch keine Überschwemmung! Da steht bei mir das Wasser ja höher, wenn ich aus der Dusche komme!
Also im Vergleich zu einem richtigen Tsunami, oder der Flutkatastrophe von New Orleans, ist das ja ungefähr so, als würde dir jemand einen nassen Waschlappen ins Gesicht klatschen. Fast noch nicht mal in der Zeitung erwähnenswert. Und wenn dann vielleicht als kleine Notiz neben dem Hinweis auf die nächste Bingo-Veranstaltung im Theodor-Fliedner-Heim, zu der ich dann für das kleine Abenteuer zwischendurch hingehe, und schon nach der dritten gezogenen Zahl “Bingo” rufe. Nach spätestens einer halben Stunde kann ich dann meinen Adrenalinpegel pushen, weil ich den in meine Richtung geworfenen Bettpfannen und Gehhilfen ausweichen muss!
Oder ein echtes Erdbeben? Mal so richtig eine ganze Stadt zu Bauschutt verarbeiten? Da müssen wir in Ermanglung tektonischer Plattenspalten, im Ruhrgebiet schon ein bisserl tricksen um mit anderen Ländern Schritt zu halten, und lassen dann ab und zu ein paar alte Abraumtunnel aus der Bergbauzeit einstürzen, damit sich hier etwas die Erde bewegt, und ein Häuschen in einem Loch verschwindet. Oder wir machen es wie die Kölner Jecken, unterspülen beim U-Bahn-Bau ein bisserl die Erde und versenken das Stadtarchiv. Aber so richtig zählt das ja nicht, so ein getürktes Erdbeben..
Bei diesem Mangel an Katastrophen nimmt uns doch kein anderes Land ernst. Schließlich müssen wir unsere Katastrophen selber machen. Das zählt nicht! Deshalb! Endlich haben wir die Chance von den anderen Katastrophenländern, sozusagen auf Augenhöhe, wahrgenommen zu werden. Rekordminustemperaturen von fast 15 Grad Minus, richtiger Sturm, und Schnee in einer Höhe von gigantischen 20 Zentimetern. (an manchen Stellen durch das aufschütten von Räumfahrzeugen sogar noch wesentlich höher).. WOW. Ich bin bereit. Habe Hamsterkäufe getätigt: Eine ganze Packung Aufbackbrötchen und ein Fläschchen Schampus mehr – nicht zu vergessen eine Großpackung Kondome. Ist ja ganz gut, wenn das junge Ding, was seit gestern bei mir übernachtet, wegen den riesigen Schneeverwehungen nicht nach Hause kann, und noch mal eine Nacht bei mir bleiben muss.
Und ich habe mein erprobtes Survival-Kit bereitgelegt: Sonnenbrille, eine Rolle 4lagiges Toilettenpapier mit Vanilleextrakt, einen Müsli-Riegel mit Erdbeergeschmack, den Labello-Lippenpflegestift, Ohrhörer und MP3-Player und den Ersatzakku für’s Handy – falls es zum äußersten kommt, und ich ein Taxi anrufen muss, dass mich aus dem Schneechaos befreit….
Ich bin bereit.. Also Wettergott – lass es raus!
letzte Änderung: 09.01.2010 09:49 Uhr